Nachdem wir im vorherigen Beitrag die Bedingungen für einen Kollaps interstellarer Gaswolken kennengelernt haben, schauen wir uns jetzt näher an, was beim Kollaps selbst geschieht.
Zur Erinnerung: Wenn interstellare Gaswolken kalt und dicht genug sind, übersteigt die Gravitationskraft den inneren Druck der Gaswolken und sie beginnen zusammenzufallen.
Potentielle Gravitationsenergie wird in Wärme umgewandelt
Die gravitative Anziehung beschleunigt die äußeren Schichten der Gaswolke in Richtung Zentrum (potentielle Gravitationsenergie wird in kinetische Energie umgewandelt; das Gleiche geschieht, wenn ein Stein zu Boden fällt: er wird schneller, verliert aber potentielle Energie). Die Zunahme an Geschwindigkeit entspricht einer Zunahme an kinetischer Energie – sprich Geschwindigkeit. Die Beschleunigung geht aber nicht ohne Störung vonstatten. Irgendwann stoßen die schneller werdenden Gasteilchen mit anderen zusammen. Dabei kommt es zu einer Umverteilung der kinetischen Energie bzw. der Geschwindigkeit der Stoßpartner. Sie ändern im allgemeinen ihre Geschwindigkeitsbeträge und -richtungen – abhängig von den konkreten Stoßparametern. Auf diese Weise wird gerichtete Bewegungsenergie in ungerichtete Bewegung, d.h. in thermische Energie, umgewandelt. Während sich die Wolke verkleinert, wird das Gas heißer!
Lichtaussendung nach Stoßanregung kühlt anfangs die Gaswolke
Zunächst findet eine nur geringe Temperaturerhöhung statt. Es gibt nämlich einen Kühlmechanismus: Bei den Stößen findet nicht nur eine Umwandlung von gerichteter in thermische Bewegung statt; es geschehen auch energetische Anregungen innerhalb der Atome bzw. Moleküle (sog. Stoßanregung: Elektronen werden in höhere Energiezustände gebracht; Atome in Molekülen zu Schwingungen angeregt; Moleküle in Rotation versetzt). Da die Gesamtenergie bei einem Stoß erhalten bleiben muss, ist die Summe der kinetischen Energien der Gasteilchen nach einem Stoß kleiner als vor dem Stoß. Die Differenzenergie steckt in den angeregten Atom- bzw. Molekülzuständen. Die angeregten Zustände sind aber nicht stabil. Sie geben in sehr kurzer Zeit die durch Stöße aufgenommene Energie in Form von elektromagnetischer Strahlung (Licht) wieder ab und fallen auf ihre energetischen Grundzustände zurück. Das Licht kann aufgrund der zu Beginn der Kontraktion noch recht geringen Teilchendichten aus der Wolke entweichen und Kontraktionsenergie abführen. Da die durch Kontraktion gewonnene kinetische Energie nicht vollständig in thermische Energie umgewandelt wird, findet eine Kühlung der Gaswolke statt. Über diesen Mechanismus wird der Temperaturanstieg am Anfang der Kontraktion gebremst.
Bei steigender Dichte funktioniert die Kühlung nicht mehr
Die Kontraktion selbst läuft jedoch ungebremst weiter, da die Massedichte und damit die Gravitationskraft steigt. Irgendwann ist die Dichte so groß, dass die erzeugten Lichtquanten (Photonen) mit Gasteilchen zusammen stoßen und von ihnen absorbiert werden. Das Licht kann nicht mehr entkommen, die Kühlung funktioniert nicht mehr und die Aufheizung der Gaswolke geht jetzt erst richtig los. Modellrechnungen zeigen, dass nach einigen tausend Jahren die kontrahierende Gaswolke eine Temperatur von ein paar tausend Grad erreicht hat. Diesen Zustand nennt man einen Protostern. Ein richtiger Stern ist das noch nicht, denn die Gaswolke ist immer noch sehr groß im Vergleich zu einem Stern und die Kernfusion – die Energiequelle der Sterne – hat noch nicht gezündet. Doch ist die weitere Entwicklung zum Stern ab dieser Phase der Kontraktion unvermeidbar: die Wolke wird kleiner und kleiner werden und sich dabei immer weiter aufheizen.
Was dann geschieht, betrachten wir im nächsten Teil der Beitragsreihe zur Sternentstehung.