Astrovorschau für Bonn Mai und Juni 2022 von Paul Hombach

Der Mai beginnt mit einem Paukenschlag: Venus und Jupiter stehen nah zusammen in der Morgendämmerung. Ende Mai treffen sich dort Jupiter und Mars. Mit Saturn ist ein vierter Planet am Morgenhimmel vertreten, während der Abendhimmel nach dem Rückzug Merkurs Anfang Mai planetenfrei ist. Ein nicht leicht zu beobachtendes Highlight ist die Mondfinsternis am Morgen des 16. Mai.

Der jährliche Lauf der Sonne erreicht am 21. Juni ihren Höchststand. Mit dem längsten Tag des Jahres und der kürzesten Nacht tritt der kalendarische Sommeranfang ein. Vom 1. Mai bis 1. Juni verfrühen sich die Sonnenaufgänge von 6:04 auf 5:22 MESZ, derweil sich die Untergänge von 20:53 auf 21:36 MESZ verspäten. Für Bonn wird es ab der Nacht vom 27. auf den 28. Mai vorerst dann nicht mehr vollständig dunkel, das Ende der astronomischen Dämmerung, bei der die Sonne tiefer als 18° unter dem Horizont stehen muss, wird nicht mehr erreicht. Gleichzeitig muss man immer länger warten, bis es einigermaßen dunkel genug für den Blick an den Sternhimmel ist: Mitte Mai bis gegen 22:30, Mitte Juni bis ca. 23:30 MESZ.

Durch den Rückzug der Wintersternbilder, von denen Anfang Mai noch nördlichere Konstellationen wie Zwillinge und Fuhrmann im Westen zu sehen sind, hat nun der Frühlingshimmel freie Bahn. Zur Mitte des Vorhersagezeitraums, am 1. Juni um 23:00 MESZ, sind der Krebs und der Löwe nach Westen gerückt. Im Süden zieht der orangefarbene Arktur im Bärenhüter die Blicke auf sich. Das Objekt seiner Hütertätigkeit selbst, der Große Bär (bzw. Bärin) mit dem bekannten Wagen, steht nun praktisch über unseren Köpfen. Wer dem Bogen der Deichsel über Arktur hinaus folgt, gelangt zu Spica im Sternbild Jungfrau. Sie hat ihren Meridiandurchgang gerade hinter sich. Im Süden steht die Waage, als Sternbild nicht leicht zu erkennen. Auffälliger ist da natürlich der Skorpion, der sich mit seinen Fühlern und dem orangefarbenen Hauptstern Antares im Südosten empor reckt. Schade, dass er für unsere Breiten nie ganz aufgeht, doch schon vom Mittelmeerraum aus ist er in voller Pracht zu bewundern. Im Osten schließlich zieht mit den Sternbildern Leier, Schwan und Adler, deren helle Sterne Wega, Deneb und Atair das Sommerdreieck bilden, bereits die Sternbilder des Sommers herauf.

Abb. 1: Der Blick an den mond- und planetenfreien Bonner Nachthimmel am 1. Juni um 23:00 MESZ zeigt die Sternbilder des Frühlings- und Frühsommerhimmels. Grafik erstellt mit Stellarium

Merkur beendet Anfang Mai seine Abendsichtbarkeit, zum Finale gibt es eine enge Begegnung mit der schmalen zunehmenden Mondsichel am 2. Mai, zur Beobachtung sind gutes Wetter und freie Horizontsicht nötig, ein Fernglas ist empfohlen. Vielleicht ist damit sogar noch ein Blick auf die Plejaden zu erhaschen, die sich wie der Götterbote vom Abendhimmel zurück ziehen. In den folgenden Wochen bleibt Merkur den Blicken entzogen.

Abb. 2: Merkur und die feine neue Mondsichel (2x vergrößert dargestellt), dazu die Plejaden am Abend des 2. Mai 2022. Blick nach Westnordwesten um 21:45 MESZ. Grafik erstellt mit Stellarium

Venus und Jupiter tauschen vom 30. April auf den 1. Mai ihre Plätze am Morgenhimmel (s. auch Abb. 3 der Astrovorschau März / April 2022). Während Venus am Morgen des 30. April etwa auf gleicher Höhe rechts des Riesenplaneten steht, ist sie einen Morgen später knapp links unterhalb zu finden. Die engste Annäherung entgeht europäischen Beobachtern, aber das enge Duo der beiden hellen Planeten ist absolut sehenswert. Um 5:30 MESZ sind beide Gestirne 5° hoch am Bonner Ostsüdosthimmel zu finden. Venus bleibt weiter Morgenstern und verringert langsam ihren Sonnenabstand, während Jupiter seine Sichtbarkeit ausbaut. Er und Mars nähern sich einander an, so dass es am Morgen des 29. und 30. Mai erneut zu einer schönen Planetenkonstellation kommt, bei der beide Planeten perspektivisch eng zusammen stehen.

Abb. 3: Jupiter und Mars stehen nach beieinander in der Morgendämmerung am 29. Mai. Außerdem sind Saturn (rechts) und Venus (links) am Morgenhimmel vertreten. Blick nach Ostsüdosten um 4:30 MESZ. Grafik erstellt mit Stellarium

Weiter westlich ist Saturn unterwegs. Der Ringplanet im Steinbock wird zum Planeten der zweiten Nachthälfte, geht er doch Ende Juni schon gegen Mitternacht auf.

Der Mond zeigt sich nach seinem Neumond am 30. April am 2. Mai als schmale zunehmende Sichel neben Merkur (s.o.). Beim Vollmond des 16. Mai kommt es zu einer totalen Mondfinsternis, die allerdings nur in ihrem Beginn von Bonn aus beobachtbar ist. Um 4:28 MESZ tritt der Vollmond in den Kernschatten der Erde ein, da steht der Mond noch 8,5° hoch im Südwesten. Bald wird die Dämmerung immer heller, der immer stärker verfinsterte Mond nähert sich verblassend dem Horizont, bei Totalitätsbeginn um 5:29 MESZ steht er acht Minuten vor seinem Untergang nur noch anderthalb Grad hoch über dem Bonner Horizont. Nächster Neumond ist am 30. Mai (hoffentlich ohne Weltuntergang, anders als in einem alten Schlager behauptet…), der nächste Vollmond tritt unabhängig von allen irdischen Missetaten pünktlich am 14. Juni ein.

Paul Hombach als Verfasser und die Volkssternwarte Bonn wünschen allen Leserinnen und Lesern klaren Himmel, Freude an den Sternen und eine gute Zeit!

 

 

 

 

 

 

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