Der Mensch kann Infrarotlicht nicht sehen – im Gegensatz zu einigen Schlangenarten und zum Smaragdprachtbarsch, wie Biologen der Universität Bonn 2013 herausgefunden haben. Trotzdem können Menschen Infrarotlicht wahrnehmen, nämlich als Wärmestrahlung. „Rotlichtlampen“ strahlen nicht nur rotes, sondern jede Menge infrarotes Licht aus, das von der Haut gut absorbiert werden kann. Dabei wird die Energie des Infrarotlichts in Wärmeenergie umgewandelt. Die entsprechende Temperaturerhöhung kann die Thermorezeptoren der Haut aktivieren und die Muskeln wieder lockerer machen. Auch Wärmebildkameras, die zur nächtlichen Tierbeobachtung oder zur Suche nach Wärmebrücken in der Hausisolierung eingesetzt werden, registrieren Infrarotstrahlung.
In Astronomie und Astrophysik spielt die Infrarotspektroskopie – also die Intensitätsmessung der Infrarotstrahlung in Abhängigkeit von ihrer Wellenlänge – eine bedeutende Rolle (Wellenlänge: ca. 0,7 bis zu 300 µm und damit zwischen rotem sichtbaren Licht und sog. Mikrowellenstrahlung). Beispiele für astronomische Anwendungen sind:
- Aufgrund der – gegenüber sichtbarem Licht – geringeren Abschwächung von Infrarotlicht durch interstellaren Staub können Objekte wie junge Sterne, galaktische Zentren und die Kerne von Infrarotgalaxien auch hinter Staubwolken beobachtet werden.
- Während zur Aussendung von sichtbarem Licht Temperaturen von einigen tausend Grad nötig sind, wird Infrarotlicht auch bei niedrigeren Temperaturen generiert, sodass relativ kalte Materie beobachtet werden kann. Beispiele sind Asteroiden, Kometen, Planeten und Monde im Sonnensystem, die sonst nur im schwachen Rücklicht der Sonne sichtbar sind.
- Eine genaue Analyse des Infrarotspektrums gibt Aufschluss über die molekulare Zusammensetzung, den Aggregatzustand und die Temperatur astronomischer Objekte (interstellares Medium, stellare Staubscheiben etc.).
- Die Rotverschiebung sehr weit entfernter Objekte kann aufgrund des Hubble-Effekts so groß sein, dass sichtbares Licht bis in den Infrarotbereich verschoben ist. Die Infrarotspektroskopie macht in diesen Fällen eine Analyse des Sternenlichts, das eigentlich im sichtbaren Wellenlängenbereich ausgestrahlt wird, erst möglich.
Wie entsteht Infrarotstrahlung?
Infrarotstrahlung kann auf zwei unterschiedliche Weisen entstehen, wobei kontinuierliche oder Linienspektren erzeugt werden.
Um kontinuierliche Infrarotspektren zu verstehen, muss man die Maxwell’sche Theorie des Elektromagnetismus und die – ebenfalls mit Maxwell verbundene – kinetische Gastheorie berücksichtigen.
- Elektrische Ladungen erzeugen beim Beschleunigen bzw. Abbremsen elektromagnetische Strahlung, wobei die Frequenz – und damit die Energie – der Strahlung umso größer ist, je „heftiger“ die Beschleunigung oder Abbremsung ist.
- Die kinetische Gastheorie besagt, dass die kleinsten Bestandteile der Materie (Atome, Moleküle, Ionen etc.) in ständiger Bewegung sind: In Gasen flitzen die atomaren Bestandteile mit hoher Geschwindigkeit durcheinander und stoßen immer wieder zusammen, in Festkörpern führen sie Schwingungsbewegungen um ihre Ruhelage aus, in Flüssigkeiten tauschen sie immer wieder ihre Plätze etc. Die Bewegungen der atomaren Bestandteile sind umso „heftiger“ , je höher die Temperatur ist.
Bei Stößen, Schwingungen etc. ändern die Elektronen und Atomkerne immer wieder sowohl ihre Lage zueinander als auch ihre Geschwindigkeit; sie werden also beschleunigt und strahlen somit elektromagnetische Strahlung (Licht) aus.
Da die individuellen Geschwindigkeitsänderungen sehr unterschiedlich sein können, besitzt die entstehende Strahlung eine breite Energieverteilung und es resultiert ein kontinuierliches Spektrum (Planck’sches Strahlungsspektrum). Aus der Gestalt des Spektrums – insbesondere aus der Wellenlänge maximaler Intensität – kann auf die Temperatur der Materie zurück geschlossen werden.
Die Entstehung von Linienspektren kann nur mit den Gesetzen der Quantentheorie verstanden werden. Die Atome eines Moleküls führen Schwingungen gegeneinander aus. Dabei wird die Länge von Atombindungen oder der Winkel zwischen zwei Bindungen periodisch verändert. Je größer die Schwingungsamplitude (die Auslenkung der Atome aus ihrer Gleichgewichtslage) desto größer die Energie der Schwingung. Nach den Maxwell’schen Gesetzen müsste auch hier elektromagnetische Strahlung ausgesendet werden, da die Atome innerhalb einer Schwingung beschleunigt und abgebremst werden.
In einem isolierten Molekül jedoch herrschen die Gesetze der Quantenmechanik. Diese besagen, dass es bestimmte Schwingungsamplituden gibt, bei denen keine Energie abgestrahlt wird. Energie kann aber beim Übergang von einer größeren in eine kleinere „erlaubte“ Schwingungsamplitude als Infrarotlicht abgegeben werden, wobei die Energie der Strahlung der Energiedifferenz zwischen den Schwingungsamplituden entspricht. In diesem Fall wird nur Infrarotlicht mit bestimmten Wellenlängen ausgesendet, sodass Linienspektren entstehen. Umgekehrt kann Infrarotstrahlung von Molekülen absorbiert werden, wenn sie der Energiedifferenz zweier erlaubter Schwingungsamplituden entspricht.
Da die Schwingungsenergie von der Bindungsstärke und der Masse der beteiligten Atome abhängt, kann über die Lage der Infrarotlinien die chemische Zusammensetzung der Materie ermittelt werden. Eine Analyse der Linienbreite erlaubt darüber hinaus eine Abschätzung von Druck und Temperatur.Man bekommt also über eine genaue Analyse der Infrarotspektren eine Menge Informationen über die physikalischen und chemischen Verhältnisse in ihrem Entstehungsgebiet.
Wie wird Infrarotstrahlung astronomischer Objekte gemessen?
Ähnlich wie bei der Röntgenastronomie schwächt die Erdatmosphäre Infrarotlicht in weiten Wellenlängenbereichen ab. Dies ist zu großen Teilen auf den Wassergehalt der Lufthülle zurückzuführen.
Deshalb muss auf Labore in Flugzeugen bzw. Ballons oder auf Satelliten zurückgegriffen werden. Die Teleskope zur Bildgewinnung bedienen sich spezieller Linsen- bzw. Spiegelmaterialien, die für Infrarotlicht geeignet sind. Als Detektoren werden CCDs (Charge-Coupled Devices, ähnlich denen in digitalen Kameras) oder Fotodioden eingesetzt, wobei spezielle Detektor-Materialien benutzt werden, die im infraroten Wellenlängenbereich hohe Empfindlichkeiten besitzen. Infrarot-Detektoren müssen stark abgekühlt werden (unter -200°C), um nicht durch ihre eigene Wärmestrahlung gestört zu werden.
Missionen zur Beobachtung von astronomischen Infrarotquellen
In den letzten Jahrzehnten hat es eine Reihe von Projekten gegeben, mit denen Infrarotquellen im Universum erforscht worden sind. An dieser Stelle sollen nur die noch laufenden Missionen kurz angesprochen werden.
SOFIA (Stratosphären-Observatorium für Infrarot-Astronomie)
Es handelt sich um einen Jumbo-Jet, der zu einem fliegenden Infrarot-Observatorium umgebaut wurde und der in ca. 13 km Höhe seine Messungen durchführt. In dieser Höhe ist die Absorption der Infrarotstrahlung durch den Wasserdampf der Atmosphäre so weit reduziert, dass eine Infrarotbeobachtung astronomischer Objekte mit guter Qualität möglich ist.
Ziele:
- Physik der interstellaren Wolken und Sternentstehung in unserer Milchstraße
- Protoplanetare Scheiben und Planeten-Entstehung in nahen Sternsystemen
- Ursprung und Entwicklung von biogenetischen Atomen, Molekülen und Mineralien
- Zusammensetzung und Struktur von Planetenatmosphären und -ringen
- Kometen
- Sternentstehung, Dynamik und chemische Bestandteile in anderen Galaxien; Suche nach schwarzen Löchern
- Dynamische Aktivität im Zentrum der Milchstraße
Ausrüstung:
- 2,7 m Spiegelteleskop (Spiegelmaterial: Zerodur, ein keramisches Lithium-Aluminiumsilikat)
- Detektor GREAT (German Receiver at Terahertz Frequencies); Wellenlängenbereich: 60 – 240 µm (entwickelt vom MPI für Radioastronomie in Bonn)
- FIFI-LS (Far Infrared Field Imaging Line Spectrometer): abbildendes Linienspektrometer; Wellenlängenbereich: 40 – 210 µm;
- FORCAST-Kamera im Wellenlängenbereich von 5-8, 17-25 und/oder 25-40 µm HAWC-Kamera: Wellenlängenbereich von 40 – 300 µm; hohe Winkelauflösung
- FLITECAM-Kamera: Wellenlängenbereich von 1 – 5,5 µm; moderate spektroskopische Auflösung
- HIPO: Instrument zur simultanen, hoch zeitaufgelösten Bildgebung bei zwei Wellenlängen im sichtbaren Wellenlängenbereich; kann zeitgleich mit FLITECAM-Kamera eingesetzt werden, um Bilder bei zwei Wellenlängen im sichtbaren und einer Wellenlänge im infraroten Bereich aufnehmen zu können
Missionsseiten:
https://www.nasa.gov/mission_pages/SOFIA/index.html
https://www.dlr.de/content/en/articles/missions-projects/sofia/sofia-infrared-observatory.html
https://www.dsi.uni-stuttgart.de/oeffentlichkeit/infrarotastronomie/
Wide-Field Infrared Survey Explorer (WISE)
Weltraumteleskop zur sensitiven Durchmusterung des gesamten Himmels bei vier Wellenlängen im mittleren Infrarot (3,3 – 4,7 – 12 – 23 µm)
Ziele:
- Durchmusterung des Sonnensystems nach Asteroiden, Kometen und anderen Objekten
- Kühle und schwache Sterne, darunter die sonnennächsten Sterne und Braunen Zwerge
- Junge Sterne in der Milchstraße und Staubscheiben um bereits weiter entwickelte Sterne
- Die leuchtkräftigsten Galaxien und Infrarotgalaxien.
Missionsseite:
https://www.nasa.gov/mission_pages/WISE/main/index.html
Spitzer-Weltraumteleskop
2003 gestartetes Infrarot-Teleskop, das aufgrund von Kühlmittelmangel Anfang 2020 abgeschaltet wurde.
Ziele:
- Chemische Zusammensetzung protoplanetarer Scheiben
- Entstehung von Planetensystemen
- Braune Zwerge
- Infrarotgalaxien
- Aktive galaktische Kerne
- Vorgänge im frühen Universum
Ausrüstung:
- IRAC (Infrared Array Camera): vier Infrarotkameras, die simultan vier Kanäle mit den Wellenlängen 3,6 µm, 4,5 µm, 5,8 µm und 8 µm aufnehmen konnten
- IRS (Infrared Spectrograph): Infrarotspektrometer für Wellenlängenbereich 5,3 bis 40 µm
- MIPS (Multiband Imaging Photometer for Spitzer): drei Detektorfelder im fernen Infrarotbereich, die neben Bildern auch spektroskopische Daten liefern konnten
Missionsseite:
http://www.spitzer.caltech.edu/
Weitere Quellen:
https://de.wikipedia.org/wiki/Infrarotastronomie (Wikipedia-Eintrag über Infrarotspektroskopie)